Freitag, 15. Januar 2010

Do, 14.1.10 (Fr, 15.1.10, 4:58): Schneestopfpilz

Kein weiterer Neuschnee, somit altert der Schnee von gestern vor der Tür. Meistenteils ist er geräumt zu den Walzen am Straßenrand, die auch bei kommendem Tauwetter noch wohl ein Woche ausharren werden. Oder überleben.

Auf dem täglichen Weg zum SKY hügelt in der Waisenhofstraße noch rund 50 Meter unge(t)räumter Schneepfad, durch den man stapfen muss. Oder in Halbschuhen unzureichend stiefeln. Beides nur deshalb, weil die Worte "stapfen" und "stiefeln" so schön klingen, gerade wenn Lilly sie spricht.

Da durch stiefelstapfend (oder stoffelnd) das Gefühl, als stopfte man den Schnee in eine Pfeife. So der Schalleindruck des Knirschens des Halbgefrorenen. Und dabei fällt mir etym-mäßig ein: Stopfpilz. Ein großmütterlicher Gegenstand, den es nicht mehr gibt, weil niemand mehr Strümpfe stopft. Sind sie zerschlissen, wirft man sie weg, statt sie zu stopfen. Indes, so ergibt Google-Bildersuche, gab es von AEG sogar mal einen beleuchteten Stopfpilz. Etwas inwändig Lichtes also.



Irgendwie rührend. Wie überhaupt alle Schneestöbergeschichten der letzten Tage. Etwa die, die ich Lilly aus der Lou-Salomé-Biografie am Skype vorlese. Dass die junge Lou ihren Glauben an Gott verlor, weil ein Schneemann und eine Schneefrau weggetaut waren, und ihr Kindergott dazu schwieg.

Das im Kopf stöbere ich durch die Schneehaufen, die der Wind gepfiffen hat. Vergängliches Daunendeckbett, knisterndes. Und die wehmütig, genauer: wehmutlos, verwehten Gegenstände betrachtend – wie diesen beleuchteten Stopfpilz.

Lawinenartig dazu wieder das Winterschlafbedürfnis, das den Mittagsschlaf ab 20 Uhr in mir notdurftet. Einen halben Tag, rund 12 Stunden beträgt mittlerweile die gut gezüchtete Zeitverschleppung (Zukunft vergänglich machen). Frühabendlich trifft Lilly im unverspäteten Zug ein, und wir stiefeln und stapfen ins warm gestopfte Häuschen. Huschende.

Donnerstag, 14. Januar 2010

Mi, 13.1.10 (Do, 14.1.10, 5:05): Winterschlaf

Nichts passiert? Doch sehr viel ...

Heute praktisch den ganzen Tag verschlafen. Den Wecker als Instrument der Vor-Stellung verwendet. Im Schlaf aufgegeilt und fortgesetzt müde. Aufwachunfähig.

Um 12 auf, wieder hingelegt, um 15 auf, wieder ermattet, um 17 endlich auf. Das Licht des Tages verschlafen. Nachtschattengewächs nacktschattiert. Geduscht. Eingekauft.

Nackt, entblößt das akzeptieren, dass ich das bin. Auf den Grund gebracht darauf wichswichtigtuerisch gründelnd.

Mein hündisch ergebenes Fletschen zuweilen, wenn ich spätnachmittäglich vor dem Badezimmerspiegel stehe, die Zähne zu putzen, wenn andere abendmahlen.

Bücher sind angekommen. Zwecklos, sie zu bestellen, weil ich eh nicht mehr lese bei all dem Schreiben. Dennoch festgelesen in einer Boybiografie von Lou Andreas-Salomé. Wie wird man Schriftstellerin? Aus einem Übermaß an Fantasie. Das dampfkesselnde Gefühl, dass etwas raus muss. Daher auch der fortgesetzte Schreibimpuls trotz Schrei(b)hemmung. Beides zusammen führt zu Wissenschaft und Winterschlaf.

Nachts mit Lilly chattend Austausch der Missverständnisse, die eben dieses tiefe gegenseitige Verständnis ausmachen, so meine dialektische Theorie (zum x-ten Male Brecht zitiert: "Die Widersprüche sind die Hoffnungen", jedoch erstmals erlebt, statt nur nachgedacht). Wir inszenieren das geradezu. Und stellen fest, dass der Chat buchenswert wäre. Oder auch nicht, weil man den Augenblick dem Augenblick lassen sollte, dem Enstehen sein einbeschriebenes Vergehen nicht rauben.

Die Entsagung, die Hamlet sagt ...

Sowieso seit Tagen auf dem Heiner-Müller-Hamletmaschine-Tripp, gekürzt im Bruch einer Bierbank. Wer ist Ophelia? Ich bin Ophelias Prinzprozent. Müllers lebendiges Gespräch mit den Toten, die er als Triebkraft der Geschichte begreift. D'accord im Rekurs auf di.gestern und aktuelles Herzchen-Gedicht:

-- snip! ---

summende summe

eins und eins macht nicht zwei,
aus zwei wird eins.
ich, so sagtest du, bin auch dabei,
und ich, dass ich bin deins.

das gesagte, der gesang,
verse enden ungesagt, erahnt
im nichts aus dann und wann,
gesungen dennoch, was ihm schwant.

anfänge in den fängen, krallen
kratzaufgebäumtes männchenmädchenmachen.
wir würden nicht verhallen,
wenn wir uns kein lachen

zürnten und keine summe summten
zärtlicher der differenz.
was wurde dort, nicht hier gefunden,
ist währung einer insolvenz.

--- snap! ---

Traumgefügtes, Traumzerpflügtes und -gepflücktes. Dass man tagträumt und nachtwacht. Winterverschlafene Sprachnotizen auf dem iPhone. So verschlafen röchelnd die Stimme, dass die Silben verschwimmen. Das ausgeschrieben Ausgeschriene eilt dem nicht Aufgeschriebenen hinterher. Dichtung als Mangelverwaltung, Zettelwirtschaft, nachgeholte Revolution. Auf den Zetteln am Schreibtisch mönch-ver(sch)muste Selbstgesprächsnovizen wie "noch bis / seit her" oder "will nicht können müssen" oder "bedürfnisse nicht nur dürfen, sondern sollen". Alles verKantete Imperative. Notiert allein hier, bevor der Zettel mit der nachgerade für platt befundenen Chiffre ins Altpapier wandert, das ich fahrbestuhlt in Stockwerk Minus-Einsam-Sein befördere, dort ausleere, wobei sich die Sedimente des Altpapierkastens umkehren. Die Gegenwart von eben oben in der Tonne, etwas von vor zwei Wochen, Zigarettenschachtel, ist der letzte Auswurf, der der erste sein wird. Ausgeraucht. "Ich übergebe der blauen Tonne die Schriftsedimente des ..."

Er- und unverdichtet die meisten Zettel und so viele Viertelstunden, im Winterschlaf kaum unterscheidbar zwischen bloß geträumt und wach verschlafen.

Guten Morgen, sag' ich der Guten Nacht. Und DIR.

Mittwoch, 13. Januar 2010

Di, 12.1.10 (Mi, 13.1.10, 5:40): 3. Aufzug



Wenn nichts passiert, was tagebuchenswert wäre, passiert doch was: Im Aufzug steckengeblieben. Pause zum Nachdenken. Erst darüber, was es an Synonymen für Aufzug gibt: Fahrstuhl, Lift, Elevator, Paternoster ... Ferner der Fahrstuhl als dramatischer Ort. Aber auch lyrisch: Die Seltsamkeit von Zeit-/Bewegungs-Raum-Verknüpfung. Fahrt von unten nach oben, während früher später wird.

Minipoem:

3. Aufzug

von früher
nach unten,
von oben
nach später


Laufende Schriften als Bewegung (a)synchron zum Raum. Film aus YouTube found footage.

Angst vor dem Absturz des Aufzugs. Daher „3. Aufzug“, Akt der Klimax und des Wendepunkts im Drama.

Nichts passiert? Doch sehr viel ...

Dienstag, 12. Januar 2010

Mo, 11.1.10 (Di, 12.1.10, 3:39): Die Emotion der Revolution

Marilyn Manson, wie er Eurythmics' "Sweet Dreams (Are Made of Thee)", "The Minute Of Decay" und "The Reflecting God" in eine Emotion der Revolution verdichtet. Der permanenten Revolution. Soundtrack ebenso: Mozart: Klavierkonzert d-moll, KV 488, Adagio. All das mischt sich zum Schneegestöber von "Sinn und Sinnlichkeit".

Diese Soundtracks schicken Lilly und ich durch den Äther, dialogisch up- und downloadend. Ich, Rock-Opa, natürlich den Mozart ;-)

Die Dichterinnen sprechen.

Geborgenheit und Aufruhr. Die ...

--- snip! (1. Fassung für KN) ---

Emotion der Revolution

Kai Zimmer arbeitet an seinem Experimentalfilm über die Revolution 1918 in Kiel.

Kiel - "Das Ausgangsmaterial für den Geschichtsunterricht in höheren Schulen ist nicht verbreitungswürdig. Nicht weil es keine bewegte deutsche Geschichte gegeben hat, sondern weil sie so bewegt war, dass man sie nicht in einem positiven Sinne verbreiten kann", ließ Alexander Kluge 1979 in seinem Spielfilm "Die Patriotin" die Geschichtslehrerin Gabi Teichert sagen. Fortan grub Gabi Teichert nach Geschichte "von unten" - um sie zu verändern, sich ein "verbreitungswürdiges" Material für den Geschichtsunterricht zu verschaffen. Ohne Kluges Film zu kennen, blickt der aus Kiel stammende Berliner Filmkünstler Kai Zimmer in seinem neuesten Experimentalfilm "Revolution" aus solcher Perspektive auf "das einzige Kieler Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung", die November-Revolution 1918, die vom Kieler Matrosenaufstand ausging.

Den üblichen Dokumentationen à la "ZDF History" will er keine weitere hinzufügen. Zimmer interessieren die "Partikel" der Historie, "die Emotion der Revolution", die er in seinem Fotofilm - statt bewegter Bilder werden Originalfotografien, Postkarten und historische Gegenstände abgefilmt, unterlegt unter anderem mit zeitgenössischer Musik von historischen Schelllackplatten - versammeln wird. Zimmer will kein Bild der Kieler Revolution zeichnen, sondern erforschen, was eine Revolution auslöst und vorantreibt: Emotion, Euphorie, Rausch! Zeitzeugen, die er auch erzählerisch verarbeiten will, sind dabei Postkarten, "die wirklich verschickt wurden", persönliche Nachrichten und Eindrücke, die im Off-Ton dialogisch gesprochen werden. Einiges solches Material hat Zimmer schon versammelt, etwa eine "Halbe-Mark-Münze, mit der damals tatsächlich etwas bezahlt wurde", sowie diverse Postkarten und Fotodokumente, die er bei Ebay erstand oder aus Archiven zog - immer mit dem Blick auf das scheinbar Marginale, das die eigentlich verbreitungswürdige, weil bisher ignorierte Historie birgt.

Wie immer bei Zimmer spiegelt sich solches Konzept (gefördert mit Projektentwicklungsmitteln der Filmwerkstatt Kiel) direkt in der Form. Schon sein erster "Kiel-Film" "Seestück", der bei der Kieler Museumsnacht 2009 auf positives Echo stieß und dem "Revolution" jetzt wie in einem Diptychon und durchaus auch als "Heimatfilm" zur Seite gestellt wird, sei "mit seinen gefilmten unbeweglichen Bildern eigentlich ein Fotofilm gewesen". Fotos böten als "Momentaufnahmen" einen näheren, assoziativen Blick und seien damit authentischer als Film mit seiner auf Illusion beschränkten Authentizität des bewegten Bildes.

Wie auch das Prinzip Collage ehrlicher abbildet als ein fiktional durchorganisiertes Drehbuch. Wie schon beim "Seestück" verlässt sich Zimmer ganz auf die vorgefundenen Materialpartikel und deren Anregungen, die er auch schon mal inszeniert: Zimmer als Revolutionär vor dem Matrosenaufstand-Denkmal im Berliner Friedrichshain, mit Ernst Tollers Autobiografie "Eine Jugend in Deutschland" im Arm.



Denn das Nachempfinden der Emotion Revolution ist auch seine eigene Revolution. "Das Vorher war nur Übung, jetzt fange ich an", sagt Zimmer über die Einordnung von "Revolution" in sein bisheriges Schaffen. "Eck- und Wendepunkte" will er darin ausmachen - anhand solcher der Geschichte. Zudem sieht er Parallelen zwischen dem ersten Jahrzehnt des 20. und des 21. Jahrhunderts: "Eine Revolution steht wieder mal an!" Nach der aus Leipzig vor 20 Jahren vielleicht mal wieder eine aus Kiel?

Kai Zimmer sucht noch Kieler Materialien, Fotos, Postkarten, Gegenstände aus der Zeit vor 90 Jahren. Kontakt: info@kaizimmer.de.

--- snap! (nachgetragener Artikel des Gesprächs im Zimmer Kai gestern) ---

Dazu recherchierend nochmal Kluge: "Die Patriotin" befragt. Nicht nur das Zitat als Aufhänger. Auch den Gestus, Geschichte ihren Eigensinn nicht zu rauben, sondern eben zurückzugeben. Negt/Kluge: "Geschichte und Eigensinn". Der Eigensinn der Kunst, der Dichtung. Die lässlichste der Sünden des schöpferischen Tauschrauschs.

Ich soll das nicht schreiben, aber wenn nicht Zimmers Film oder Zimmer bei seinem Film, dann bin ich es, der seit langem bei einem Text mal wieder stocknüchtern ist. Liegt daran, dass der hausapothekliche Alkoholtank ((und das Gras noch, damit es grün bleibt, mussten wir rauchen)) leer ist. Hoffnungsvoll also, dass es für die Revolution heute Nacht keinen Treibstoff für die Panzer, wohl aber die Poesie gibt.

Die Hoffnung der Widersprüche ist das für jede künftige Revolution, dass die Bahnsteigkarten gelöst sind wie die Zungen des homerischen Gesangs.

... Reset Revolution ...

"Genossen! Ihr habt Fehler nicht gemieden / denn nur in Fehlern wird das Richtige vom Falschen unterschieden" (so oder ähnlich ich)

Wobei es ja auch gerade darum geht, das Gescheiterte erneut in Geschichte zu verwandeln und damit fortzuschreiten. Wir geben Gabi Teichert Futter. Und wie immer schweigt dabei etwas von weit - in the second of decay ...

Und beginnt darin zu reden, Rede schwallend @ Speakers Corner, auf der Mandarinenkiste wie Lenin schreiend. Das ist Poesie, dass sie nicht mal im Schweigen innehalten kann. Das ist der Schuss in die Schokoladenkiste der permanenten Revolution.

Zwischen Tasten und Kühlschrank umhereilend, jetzt, nachts, komme ich am Balkon vorbei, der schneeleichenbetucht da liegt wie ich gleich schnarchend. Gebilde der Rührung. Und Erkenntnis: Nur als romantisch Gerührte werden wir revoltieren können gegen das "Es ist, wie es bleibt" (Heiner Müller). Mit Manson gegen Mozart, mit Mozart für Manson, mit Meyer als Müller.

... Plagalschluss auf der Subdominante ...

Montag, 11. Januar 2010

So, 10.1.10 (Mo, 11.1.10, 3:12): Sie haben Post

"Sie haben Post", jinglete in den 90ern AOL, wenn eine neue Mail eingetrudelt war. Als Post zur Mail wurde, änderte sich auch die Briefkultur - oder wurde in neuem Medium wiederbelebt. Unter www.briefzeitung.twoday.net soll jetzt wieder gebrieft werden. C.K. hat mich als Briefträger und Zeitungsjunge dazu eingeladen. Abends konzeptionelle und grafische Ideen dazu entwickelt. Die Briefschreiber sind wir oder fiktionale Projektionen von uns, die Empfänger wirkliche oder erfundene Personen. Die Briefe werden im Postkasten hinterlegt, abzuholen von den Lesern. Kein Briefgeheimnis. Wandzeitung.

Schriftprobe / Blindtext:



Überlegungen zum Medium. Brief als Modus des dialogischen Monologs. Anrufung. Anschreiben. Briefroman als aussterbende, in den Blogs aber wiederbelebte Form. Und Zeitung als Veröffentlichungsform. Brief als Nachricht, als Nachgetragenes. Querverweis zum Tagebuch. Schnittmenge.

Überlegungen auch zur Schrift als Grafik. Wie verändert das Schriftbild die im Text gezeichneten Bilder? Oder wie korrespondiert beides. Die alte Form-Inhalt-Frage und dass beides ineinander umschlägt (dialektisch natürlich).

In diese Richtung denkend ergibt sich allerlei der Lebensform "den Tag verbringen" als "brieflich", dem Brief verwandt verwandelt. Denken als Brief an sich selbst. Wie Dichten, wo Sender und Empänger sich zumindest im Enstehungsprozess identifizieren.

Und Pläne schmieden, Entwürfe rauswerfen. Gut.

Zwischendrin Stapfen durch den Schnee. Windverkühlt, ausgeblasenes Licht. Danach Rascheln in den Daunen, die seltsamerweise rascheln. Kopfschmerz aus dem Gulliver gepennt. Überhaupt dauernd müde. Mit dem Briefding aber wieder erwacht. Weitermachen! Sie haben Post!

Sonntag, 10. Januar 2010

Sa, 9.1.10 (So, 10.1.10, 3:30): Das Schneien

Es schneit, es stürmt, es schnarcht. Das Schneien, das Einschlafen. Im Traum montiert sich die Wirklichkeit.



... wird weiter verweht ...

Das Schneien gleicht dem Schreiben: Weiße Buchstaben flocken auf weißes Papier. Eine Art écriture automatique. Das Weiß auf Weiß macht (schnee-) blind. "Zeit ist der Vorname der Farbe Weiß" (u.a. Klavki).

Das Schneien gleicht dem Schreiten im Schnee, Spuren werden dem jungfräulich gefallenen Weiß einbeschrieben - und vom neuerlich verwehten Schnee wieder verwischt. Der Text als vergängliche Chiffre.

Auf der weißen Leinwand das vergilbte Ocker der (historischen) Bilder. Schüchtern.

Und: ratlos.

Der Schreiber als der Anstreicher potemkinscher Dörfer, in denen die Grillen ihre Botschaft vom "von weit schweigenden Sommer" mit seinen plötzlichen Kirschblüten zirpen.

Der Text wird abgelegt auf dem verschneiten Gleis wie eine Leiche. Es fehlt nur das Leichentuch der leinenen Buchdeckel.

Der Text ist ein abgefahrener Zug. Der Text hat einen abgefahrenen Zug. Der Text hat voraussichtlich 15 Minuten Verspätung. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Schreiben ist das Schneien in die Dunkelheit.

Und das Schnarchen im Schlaf. Tendenziell entwickelt jede Silbe den Eigensinn, gesprochen zu werden.

Hier hören wir es als Geräusch des Schnorchelns.

Im Gedicht den Atem anhalten: Sinn-Apnoe. Apnoe-Tauchen, viele dutzend Meter tief. Da, wo das Weiß der Gischt verschwindet.

Das Schreiben ist der Bildschirmschoner des horror vacui des weißen Textfensters. Word ist nicht per se ein Gebetsbuch, kein Psalter. Der salomonische Schreibende als Anbetender dessen, was noch nicht geschrieben ist. Mit Blick auf die Schneewolke, die dunkler ist als die des Regens.

Schneien, nicht sich regen.

Der Schreiber ist auf dem noch weißen Blatt immer der naive Naseweiß.

Wenn man in verschneiter Landschaft schreit, wird der Schall vom Schnee verschluckt. Die eigentümliche Stille der Schneelandschaft rührt daher.

Im Gestöber stand still der (S)Turm.

Aufstieg zum Traum, in entgegengesetzter Richtung zum Fall des Schnees.

Der Text ist dann nicht der Hirte schwarzer Schafe, kein schwarzer Pullover, der (un-) eigentlich ein Sweatshirt ist, sondern das weiße Rauschen, über deren Fell streichend. Und die Grillen singen ...

Ein Lied! Zwo, drei, vier ...!



(verschneites Gras. im Rotlicht rauschend.)

Samstag, 9. Januar 2010

Fr, 8.1.10 (Sa, 9.1.10, 1:55): Archive aufräumen

Nach der Säuberung der Wohnung, Flaschen wegbringen, Toilette mit Citrus vollgießen, Waschmaschine, den Zettel(zauber)berg durchgegangen, der sich sedimentartig auf dem Schreibtisch gebildet hat. Befreiendes Wegwerfen von Notizen, über die die Zeit hinweggegangen ist. Manches erledigt sich eben von selbst, einfach indem Zeit vergeht.

Weiter mit der Steuer und paar Anzeigen. Alles Ausflüchte, etwas "Ordentliches" zu arbeiten. Aber egal. Mit der entstehenden Ordnung kommen fast automatisch Ideen, wie man wieder Unordnung, Chaos schaffen könnte, indem man wieder Material hortet. So etwa: Hier müssen mehr Bilder her, Fotos. Also einfach mit dem iPhone mehr knippsen. Und zwar assoziativ. Also draufhalten, wo es nicht offensichtlich ist. Erste Bilder und (assoziative) Bildunterschriften:



SchwarzWeißRot, HimmelDachMauer. Schneekniefälle.



SchwarzWeißRot, damit die Schaufensterpuppen im Schaufenster nicht nackt seien ...



Der einsame Weg zum Schreibtisch, 2. Akt.



Restlichtverstärker (amerikanische Nacht, Nachtrag)



Lichtstreuung ("Licht ist Arbeit")



"Blow Up" (der Sommer schweigt von weit)

Experiment: Aus dieser Unfertigkeit heraus direkt ins Netz, damit Lilly daran weiterschnippseln kann. Und das sind ihre Varianten:











Freitag, 8. Januar 2010

Do, 7.1.10 (Fr, 8.1.10, 2:32): Nachtsteuerung

"Plan, nichts mehr zu planen", hieß die Losung vor 10 Jahren - und Stunden. Und heute morgen mutete es so an, dass wir damit durchkommen könnten. Klar: Solches Berserkertum könnte noch ein paar Tage weiter reiten. Dem kommen wir durch Absatteln zuvor, damit die Pferde freier reiten und wir ihnen - einst - die Zügel statt der Flügel anlegen können.

Am Morgen, der längst Mittag ist, habe ich noch Angst vor diesem Unterfangen. Zitternd an Lillys Lenden nochmal unter den Bettdecken. Das Einssein drängt zu sehr nach Entzweiung. So gehen wir auseinander, ich bleibe nicht auf dem Bahnsteig, bis der Zug ihn verlässt. Winken ist unser Geschäft nur in der Erahnung. Ein Symbol.

Durch den Schleckerschnee zurück, hoffend, dass Lilly vielleicht den Ausstieg aus diesem Atomprogramm unvernünftig übte, zurückkäme, aber auch wollend, dass sie den Weg geht, ihren. Den ich nur begleite. Und was heißt schon "nur"?

Am Nachtruder durch die Steuer-Berechnung für null-hab-acht. Zahlen, die sich auszahlen. Eine Verrichtung, die unpoetischer nicht sein könnte. An deren Ende daher noch dieses in den Skizzenblock des schon Schlummernden gedichtet, direkt in den Text, der meine Hirtin ist:

wenn du gehst, gehst du nicht,
dein schritt hat das federnde
des hier bleibens, licht,
das wenn nicht, doch das wehende.

dein musenmund, wenn ich ihn zuckend,
zuckrig fülle mit der sprachen zunge.
wie die imaginierten tiere ruckend
gehen wir aus der einatmenden lunge,

trinken aus von uns geleerten flaschen
die flut von wein und weinen,
wenn wir uns verlassen.

ein schulterschluss ist das umbeinen,
in das wir unser lied entlassen,
um bahngestiegenem die stufen zu vereinen.

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