d.day - keine nacht für niemand

Mittwoch, 24. März 2010

Di, 23.3.10 (Mi, 24.3.10, 2:34): Datenverlust

Schrieb ich gestern übers Erinnern, löscht es sich heute aus. Durch Unachtsamkeit, durch vergessenes Backup. 102 DVDs mit aus dem TV aufgenommenen Filmen befinden sich im sechsten DVD-Kästlein. Dazu gab es bis heute auch eine Textdatei mit Inhaltsangaben und filmografischen Daten. Nur ist die plötzlich kaputt und lässt sich auch mit allerlei Werkzeugen aus der Trickkiste des Archivar-Daten-Archäologen nicht wiederherstellen. Damit sind nicht nur die Daten verlustig, auch die Stunden, die sich in der Summe ergeben, die man damit zugebracht hat, das Archiv zu pflegen.

Unauffindbar versunken nun im Datenstrom. Es bleiben nur die DVDs, alle mit Titel beschriftet - immerhin.

Der stechende Schmerz erst im Moment des Datenverlusts, diesen realisierend. Dann die Erleichterung, dass der Verlust zu jeder Sammlung gehört. Ein bisschen Tod, dessen Requiem die dennoch getreulich gebrannten Datenträger bergen. Künftig wird das Archiv ab Ordner Sieben also noch manche Doppelung beherbergen.

Im Gespräch heute mit T.K. im STATT-Café eben solche Erleuchtung, wie wir uns vom schon Angesammelten und dem, was Sammlung fordert, terrorisieren lassen. Als erstickten wir irgendwann im Archiv, als sei das Leben, wenn es nur genug Archiv im Hintergrund und in seinen Kellern hat, unfähig, Neues aufzusammeln. Kleiner Diskurs über Fluch und Segen des Netzes. Ich find’s beruhigend, dass das Netz mein Eckermann ist. Was dahin gestellt ist, kann kaum noch verschwinden. Sollte die hiesige Festplatte das di.gi.arium.10 einst fressen, im Netz wäre es noch.

Und gerade deshalb ist das di.gi.arium!

Bestürzend freilich auch die Vorstellung, zwar hinter dem Text verschwinden zu können, aber nie mehr die Fassade, die der Text ist. Und dass wir die Erinnerung nicht wirklich verlieren können – selbst wenn wir wollten. Eine Heimsuchung, aber auch eine Heimat.

Weiter, getreulich und fleißig mit Volume Sieben der Sammlung, dem verflixten.

Dienstag, 23. März 2010

Mo, 22.3.10 (Di, 23.3.10, 3:50): Erneu(er)t auf der Weide der Worte

Am zweiten Tage spannt man einen verjährten Film der Röntgen-Kamera aus. Das Material der Dichter hat das Haltbarkeitsdatum überschritten. "Best before" ist längst verstrichen, doch das Zelluloid ist haltbar, verweigert man ihm eine Flamme, einen zündelnden Gedanken, schwimmt vielmehr nachts und nackt im Feuerwehrteich inmitten dieses Dorfes im Holsteinischen und noch im Winter, obwohl vom Datum her schon Frühling wird gezählt.

stille weide

wo schafe friedlich weiden und das lamm
noch fellfeucht seinem satansbraten harrt,
wo kaum zu fuß man vorwärts kriechen kann,
weil ist in meilensteinernes vernarrt,

selbst schneckenfüßen siebenmeilenstiefel
angezogen hat, als wär' das rennen
nicht längst schon ausgeronnen in die tiefe
eines brunnens, dessen grund wir kennen.

ich schrieb einmal, dass bäche bergan fließen,
dass dies das zeichen ist für die revolte,
das aufwärts gegen's abwärts zu beschließen.

allein, die weide liegt dem schaf zu füßen,
das ihren zäunen seine wolle zollte.
kein hirte, der für mich das wollte büßen.

ögyr liest's

So, 21.3.10 (Di, 23.3.10, 3:14): Belichtung

Jeden Tag spannt man einen neuen Film in die X-Ray-Kamera, die durch die schüchterne, störrisch gehörnte Haut nach innen blickt. Und am Abend ist nichts drauf, weil nur Sonnenlicht schien, das die Bleiplatten nicht durchdringt. Erst spätnachts verschiebt sich das Spektrum zu Wellenlängen kürzer als Ultra-Violett - zum Sonett.

spinnwebe

auf dem (becken-) boden sammeln sich
spinnverwoben falt'ge bücherkisten.
erinnerung: wie still das wasser glich
zur mondnacht ausgeblichenen vermissten.

keller dunkeln ähnlich das verzichten,
stäuben bilderstapel leise zu.
in akten stehen zeichen, den gedichten
zu empfehlen löschpapier'ne ruh'.

den archivar, dem jetzt der bart ergraut,
zu tief ins weinglas und das grab geschaut,
treibt noch der lyrikschub aus dieser lade.

dem schreiber wie dem leser ist's kein schade,
wenn manches in archiven bleibt versteckt
und solchem vers des reimes paar verreckt.

ögyr liest's

Sonntag, 21. März 2010

Sa, 20.3.10 (So, 21.3.10, 1:47): la musique mystique

Leerer Tag, abgesehen von den üblichen Arbeiten (nebellichtig irrlichtern "ückkükend"). Lilly reist nach H., zugwärts gefont - und funklöchernd abgebrochen. Gestern hatte ich ihr noch im Skype aus der "Unendlichen Geschichte" vorgelesen.

Nachts nach KN-Termin wieder an die Klaviatur im Kopf und statt Tastenzaubereien musikalische Mystifikationen an der Anode computergeneriert. Sehr chromatische harmonische Rückungen. Von dem Neuen der Musik gleichwohl noch altersstumpfpfeilsinnend entfernt.



diesmal synthie-orgelnd MIDI-instrumentiert (MP3)

Fr, 19.3.10 (So, 21.3.10, 0:47): Chorus

Nachts nach fast 25 Jahren plötzlich wieder unbändige Lust, Musik zu machen, was zu komponieren. In alten Skizzen gewühlt. Einen basso continuo im Innenohr (das noch immer erkältungsbedingt saust). Lange im Netz gesucht nach einer Testversion von "Finale". Damit statt Worten diesen Choral gemacht. Dauerte Stunden. Muss diese Sprache erst wieder lernen, weil ich sie zulange nicht gesprochen, nur gehört habe.



mit MIDI-Flöten zum Klingen gebracht (MP3)

Samstag, 20. März 2010

Do, 18.3.10 (Sa, 20.3.10, 5:26): Dämmer

Den Tag verdämmert, und dann die Dämmerung vertagt.

Es schleift sich wieder ein, dass ich es nachtunruhend schleifen lasse. Erst um 11 auf, weil um 12 dakro sich angesagt hat. Dämmernd noch ihm das CMS von infomedia-sh.de aufgefrischt. Dann Mittagessen in der Landtagskantine. Kraut & Currywurst. Und als Beilage das alte Lied, das ich als Ende der Datenkette singe seit Jahren: als Interpretator und Editor der stillen Post, die sich über all die Weiterleitungen ergeben hat. Mit all meinen Tools aus Schrott das Gold zurückalchemisieren.

Wieder zuhause ist immerhin die Wohnung mal wieder putzengeputzt. Tee auf dem Balkon. Erster Frühlingshauch.

Spätnachmittagsschlummernd wieder eingedämmert. Abends dann gegen die nicht eindämmbare Müdigkeit die Dämme der Arbeit aufgeschüttet. Eigentlich nur, weil es sich so schön wortspielend alitteriert, das dumme Dämmern, der erneute Tag der Vertagung.

Lilly indes strahlt herüber aus’m Skype, erstes Extra des Tages weit nach seiner Mitternacht.

Donnerstag, 18. März 2010

Mi, 17.3.10 (Do, 18.3.10, 3:51): Fa[r]be[l] Grau

Wetter grau, auch ich im Spiegel (eine Frage der Beleuchtung - schummrig). War ich in Geiselhaft? Der alte Topos vom "Gefangenen meiner selbst", wobei der Käfig kein grauer, sondern güldener ist.

Tag mit Textarbeiten. Dann in trüben Spätnachmittagsschlaf gefallen und nur mühsam wieder aufgewacht. Vertrautes Geräusch des Skype-Klingelns von Lilly. Während ich schlief, pardauzte es im Mailböxchen. X Aufträge. Alles getreulich und gräulich verzeichnet im To-do-Kalender. ((Words to go))

Wachtraum von Fabelwesen, die aber im Traum nicht "Fabelwesen", sondern "Farbewesen" sich benannten. Graue Zelle des nächsten Gedichts. Auf dem Weg in den Blauen Engel (etwas zu früh da, daher am Kaimauergeländer noch grau geraucht und ins Meer geschau(er)t) schaufenstern mir dann die entsprechenden Wesen entgegen.



Mit Trauben, grauer Burgunder, im gipsenen Haargeschöpf. ((Ich denke indes taubengrau, was ja auch eher passionszeitiges Violett ist, Blaunote.))



Dankbar impressionistisch geknippst. Farbig im Herzen, dass das Wesen=tliche sich immer wieder von selbst koloriert. Die Deko des Determinierten.

Ach, schön ... Und die "Blumen des);"

Di, 16.3.10 (Do, 18.3.10, 3:24): Blaue Bände

Frühling verspätet
verliert das blaue Band
an die letzten Eisbergmohikaner,
die ihre Messer wetzen

an den Planken
zum Untergang.
Faltig der Karton
meiner Pappenheimer,

worin die blauen Bände
schlummern, raschelnd
im Strohschrott ihrer
gestrig noch gilben Seiten.

Ein erstes einsames
Kroküsschen auf der Brache
Straßenrand,
wo die Backbordsteinschwalben landen.

Die guten ins Köpfchen,
die schlechten geklöppelt
mit ungedulden Fingern
in die Antastbarkeit.

Dienstag, 16. März 2010

Mo, 15.3.10 (Di, 16.3.10, 5:17): Brief=ing 2

(die Briefform lieb gewonnen)

Liebste Lilly!

Bleiben wir mal in der Brief=ing-Form. Was mich anmacht und -schreibt.

Dürrer ist der Tag des Abschieds nicht, weil er fett geküsst war. Dein Lippenstiftiges – und wie du den Kleinspiegel zückst, halb verborgen, halb sichtbar wie's Mare Crisium, das verschmidtst schrötert in der Librationszone.

Während du vereinsamt zaudertest, vididiotisierte ich auf dem iPhone dies: den Verlauf der Strecke, die mich dir abspenstigt.



Wenn man auf deinen Alabaster tupft, gehen Wellen aus Worten darüber. Als wären's - ach was, es sind - Kontinente, die kontingenten (google zu jenem Begriffe - Kontingenz - mal den systemtheoretischen Luhmann! ;-)

Die Inkontinenz meiner Liebesflüsterverse macht ein Seechen wie das vor Plön auf der Bahnstreckbank. Davor waren nur die züchtigen Schtrohmmasten, gereckte Wegmärkchen. Ich soll dir nochmal meine Briefmarkensammlung zeigen, wie?

Und wie du die Post bist, bevor sie in meinem Briefkästchen landet. Sollen wir, wollen wir uns Briefchen schreiben, die nicht dicketal sind, sondern bergisch hochtrappelnd?

Morgen mach' ich eines. Und doch wird's nur wieder übern'n Äther gehen. Das ist unser Wort und Groovegrube.

Wie du bezaudertest, dass ich vor dir in solche führe, im Na(c)htnebellicht am Fre[i/u]tag. Mit dir freilich - und ohne Medikamente, die den Buchdruck senken - bin ich bei dir.

Liebreizend, dein ö.

So, 14.3.10 (Di, 16.3.10, 4:33): Brief=ing 1

(Fingerübung fürs Projekt briefzeitung.twoday.net)

Liebste Lilly!

Ich vermelde dir dies aus dem Darkroom, dem Closett um die Ecke, wo meine Decke mich noch nicht deckt, wie meine Gedanken an dich.

Dürr bin ich (notwendig. Meinen Fettleib darin zu wenden, bedarf schon einigen Geschicks - wie ihn durch Türen zu winden) darin dein Di[e/n]ner zur Nacht. Ich halte mich wach, nicht zu schnorcheln meinen Schlafsaft zu lautstark für trennende Wände.

Wobei - das klingt so klirr. Waren wir nicht die beiden, die sich (popcornish und eisverkonfettit) einverleibten im Cinestar-Kino T. Burtons Bilderflut à la "Alice im Wunderland"? Und waren wir nicht diejenigen, die etwas verschämtverspätet (verschämt warst du, ich machte später den dicken Maxe) im neu entdeckten Lokal "Hermann" saßen, zu speisen?

Und war nicht das Schnitzel des pan=ierten Schicksals gut? Und das Gulasch aus'm Kessel? Ja, gut, das sangst du mit mir, das liebe Liebeslied. Und sankest mit mir darin.

Sei gewiss, wie es mich fessel=faszinierte, dass du, verschwunden im "inner sanctum" der "toilet of the gods" (A.S., "Zettels Traum"), als eben Göttin wieder auftauchtest. Dein Antlitz glühte m[o/u]ndversonnen.

Ach, wie wir hernach in den "Luna=Ticks" röschenblätterten. Wie du bewundertest mein ehedemisch=ephemeridisch poemisches Sein. Allein, es ist so damals wie Schröter und Schmidt. An den Mond=Vul[k/v]anen war uns das Magma Wort und seine Lippe, der Durst vor dem Abschied. Dies schattenwerfend Düster=Lichte. Sende mir, Liebste, DEINE Gedichte! Ich werd' sie verschatten unter meinen K[ü/i/li]ssen.

Immer deine (dir etymelnde) Kunstmonstranz

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