Samstag, 10. Juli 2010

Fr, 9.7.10 (Sa, 10.7.10, 3:19): Verhippiet

Gegen frühen Nachmittag auf, schwarzfüßig vom barfuß Herumlaufen auf dem Balkon, zauselbärtig, T-Shirt-fetzelnd und ... tja, die Langhaarigen. Sehe mich so an (im Spiegel) und finde, das ich gut als Statist in eine Folge von "Der Kommissar" passen würde, wo Hippies sich friedlich ungehorsam gegenüber der Polizei und anderen Autoritäten zeigen, so genannte "Schlurfs" in Sandalen (von den Birkenstöckern habe ich's immerhin zur Trekking-Sandale von Teva gebracht, die mich - unplattbar - nun schon durch den achten Sommer trägt).

Aus der umfänglichen "Kommissar"-DVD-Sammlung schaue ich des frühen Morgens, nach Licht aus, Sonne an am Schreibtisch, schon seit einigen Tagen immer eine Doppelfolge, genauer: benutze sie als Traumstoff. Irgendwie putzig, wie darin der Wunsch, "das Verbrechen" in seinen sozialpolitischen Ursachen und Bedingungen zu erforschen und darzustellen, auf die Ende der 60er und Anfang der 70er trotz aller "Revolutionen" immer noch etwas tutige BRD-Bürgergesellschaft trifft. Die Sixties: das Jahrzehnt, aus dem ich stamme, weil es in meiner Adoleszenz in den 70ern und 80ern noch gleichsam als Eichmaß für Jugendkulturen diente. Jetzt natürlich nur noch nostalgisch verschrägte Revivals, aber die Hippieness bleibt als (Gegen-) Entwurf für Möchtegern-Bohemians wie mich interessant.

Nicht zuletzt wegen Lilly, die diese Schwingung der Sixties - unbewusster vielleicht, weil deutlich nachgeborener - aufnimmt. Immer noch im Kopf, wie ich sie tanzen sah, halbnackt und unbekümmert, authentisch sie selbst und doch darüber reflektierend, das jedoch in einem anderen Teil ihrer Person. Ihre Schmetterlingshaftigkeit - so nenne ich das, wahrscheinlich der falsche Begriff. Aber die schmetterlingshaften Mädchen in "Der Kommissar" erinnern mich an sie. Und der Blick von Kommissar Keller an meinen Blick: halb bewunderstaunend, halb paternalistisch Fürsorge und Schutz befehlend.

In meiner beständigen Kleinbürgerarbeit, getrieben von einem ständig greinenden protestantischen Arbeitsethos, tut es mir indes gut, den Hippie in mir wenigstens zweitweise mal raushängen zu lassen. (Jetzt, wo Fritz Teufel gestorben ist ... ;-). An meinem Arbeitsplatz, dem Kampfplatz für den Frieden (mit mir selbst), entstehen dann Artikel wie dieser:

--- snip! ---

Statt der Zikaden sang die Sitar

Elephant Stone spielten beim Brückenfestival ihren "Hindi-Pop".

Kiel. Wenn's auf dem Brückenplatz zwischen Blauem Engel und Vapiano nicht so subtropisch mediterran wäre, dass man unwillkürlich auf den Gesang von Zikaden wartet, würde man der kanadischen Band Elephant Stone es übelnehmen, dass ihr Soundcheck länger dauert als ihr recht kurzes Konzert.

Dass Sänger, Multiinstrumentalist und Bandgründer Rishi Dhir ein ums andere Mal an den Reglern nachdrehen und sich dabei ganz und gar nicht aus der Ruhe bringen lässt, hat zwei Ursachen. Zum einen, dass er wie eines seiner Vorbilder, die Beatles, das Rock'n'Roller-Dasein leid war, sein Heil bei der indischen Musik suchte, das Spiel auf der Sitar studierte und nun statt Rock Ragas fabriziert, die er und seine Band "Hindi-Pop" getauft haben. Zum anderen, dass er als Tüftler an psychedelischen Pop-Sounds ein Perfektionist ist. Wer zur Aufnahme seiner EP "The Glass Box" in ein Studio geht, wo noch 16-Spur-Tonbandmaschinen stehen, wie sie weiland die Beatles und die Rolling Stones verwendeten (Led Zeppelin haben sogar auf eben solcher in Montreal aufgenommen), muss auch beim Soundcheck auf authentische Präzision achten.

Mit der wird's dann zwar nicht ganz etwas, weil die PA auf der kleinen Brückenbühne solche Extrawürstchen nicht zu braten vermag, aber was Elephant Stone, benannt nach einem Schlüsselstück der Stone Roses, wollen, fördert auch rückkopplungsbelasteter Sound zu Tage: Die Vermählung von eingängigen Pop-Melodien mit den mantraartigen Loops und Ragas der Sitar. Zwar spielt Dhir Gitarre und Bass genauso im süßlich verhallten Sixties-Sound wie seine Kollegen Gab Lambert und Mike O'Brien. Doch richtig wohl fühlt er sich, wenn er barfüßig und im Schneidersitz auf einem indischen Tuch hockend seine Sitar zum Singen bringen kann.

In "A Morning Song", dem Opener nach 50 Minuten Live-Soundcheck, zirpt sie so zart und doch eindringlich wie die Zikaden, die zu diesem indisch angehauchten Sommerabend noch fehlten. Bobby Fraser steuert dazu das Continuo von seinen Keyboards bei, die er mit Retro-Synthie-Sounds gefüttert hat. Das gesunde Gegengewicht zu Dhirs und Frasers Träumereien liefern die Gitarristen und Drummer Jules Pampena. So ähnlich wie bei den Beatles, wo sich Ringo Star ja auch nicht sonderlich durch Feingefühl auszeichnete, aber der unverzichtbare rhythmische Motor der Band war. Das Rhythmustrio bringt dann auch entsprechend rock-poppige Fahrt in die Sache, so dass Songs wie "The Seven Seas" oder das bissige "How Long" zu wundersamen Pop-Hymnen mit Ohrwurmpotenz geraten. Ein bisschen nerd-haft entrückt klingen auch sie. Aber das schärft die sommerlich besäuselten Ohren und macht gerade durch die vielfachen pop-historischen Bezüge der Band ihren Auftritt zu einem Bildungserlebnis an der Brücke.

Schade, dass damit schon nach 45 Minuten wieder Schluss ist. Denn trotz warmen Applauses lassen sich Elephant Stone nur widerwillig noch zu einer Zugabe bewegen. So bleibt das Fazit: Kurz aber eindrucksvoll eigensinnig.

--- snap! ---

Wie das mit Pseudo-Pop-Musikkenntnis (alles eben im Netz angelesen ;-) bildungsbürgerhubert, um zugleich sowas wie Hippie-Atmo zu transportieren. So "Summer of the Sixties"-mäßig umdeutelt und umbedeutet. Und wie immer mit jeder Menge Text hinter dem Text (der dann hier, nach der Pflicht KN in der Kür di.gi.arium etwas deutlicher auch mal in den Zeilen steht).

In solchen Momenten von Zusammenhangserlebnissen schwebt mir immer wieder vor, wie man ganz anders journalistisch arbeiten müsste: streng subjektivistisch, divenhaft, unbedingt ideosynkratisch, pretty private publizistisch, und immer ein bisschen am Thema vorbei, um seinen Kern aufzudecken, zu ihm vorzudringen, randständig beobachtend erst "mitten drin", stets reportage-unartig, schwitzend, ejakulierend, saftig.

Die Sprache wieder als schönen Schrei begreifen, als Schrei, der das Flüstern versteht, all die Schattierungen, musikalische Dramaturgien - Sonatenhauptsatzform. So un-hip, wie ein übrig gebliebener, selbst ernannter, sich in die Pose werfender Hippie es kann, darf und soll.

Freitag, 9. Juli 2010

Do, 8.7.10 (Fr, 9.7.10, 3:19): Tangotraum

Beim Brückenfestival für KN. Trio Total spielt Tango. Wollte nach Dana Sternberg Quartett (Haupt-Gig) erst nur zwei, drei Stücke vom Tango mitnehmen, dann flugs an den Schreibtisch. Aber in tropischer Nacht am Wasser sitzend dageblieben, tangoträumend.

In solcher Stimmung heimwärts, augengespitzt und Wasserlichtspiel am Europaplatz anders gesehen. Dageblieben, träumend, Kamera.

Filmchen aus Wasserlichtspiel, Schaufensterrotlichtpüppchen und Tangoton.



Beschwippst und verschwitzt auf dem Balkon. Mitternacht. Licht aus am Rathausturm. Surrend still die Nacht, tangosüß.

Donnerstag, 8. Juli 2010

Mi, 7.7.10 (Do, 8.7.10, 4:43): Wolkendecke

Unzufriedener Tag, nicht nur wegen der fortgesetzten Arhythmie. Wurschtele mich durch die Lebensart-Termin-Vorschauen für August, ärgere mich immer wieder über das pressemitteilungsmäßige Unvermögen der Veranstalter, die trotz mehrfacher Ermahnung immer wieder den selben, nur schwer verarbeitbaren Datenwust liefern. Stunde um Stunde bringt man damit hin, deren Fehler zu korrigieren - für läppisches Honorar.

Naja.

Dann nachts Scan der neuesten KN-Ausgabe im Netz, wo ich mich wieder ärgern darf über die Unaufmerksamkeiten der Kollegen an den Redaktionstischen. Wie sie kürzen, rumeiern, besinnungslos, ohne jedes Gefühl für die Dramaturgie eines Textes. Wie sie Absprachen nicht einhalten. Wie sie nicht merken, was man wie mit einem Artikel gewollt hat. Einfach nur ihren Dienst tun, ohne Feingefühl für Worte und Fakten, taub für die inszenierten Zwischentöne. Na, egal, ist ja nichts Neues.

Naja.

Seltsamerweise bin ich auch anders als sonst von der Fußballarie gepestet. Zunächst begeistert vom Final-Aus der deutschen Mannschaft, freudig, dass den Dumpftrötern darob ihre Instrumente verstummen, dass nicht gehupt und autogekorsot wird, fahnenflatterhaft, fehlt mir mit einem Mal der Feind. Und auch irgendwie gerührt, wie Bubi Lahm im Jetzt-gleich-danach-Interview mit den Tränen kämpft. Plötzlich den unerhörten Gedanken gefasst, dass auch Ballkünstler geknickt sein dürfen, wenn ein Werk misslingt.

Naja.

Und schon irgendwie drückend, die plötzlich sehr stille, enttäuschte Nacht. Wie die Fans sich trollen, Gebeutelte. Darüber nachgedacht, wie Sport Stimmung ist. Auch wissend, dass die doofen Deutschen wiederum so schlau wie schon beim "Sommermärchen" 2006 sind, dass sie ihr Nationalgetümel vergleichsweise zart inszenieren. Gar nicht schlimm, eher sportlich. Dass Schwarz-Rot-Senf in den Fenstern mich stört, muss ja nichts heißen, ist auch nur so eine Marotte - meine.

Und wie sich dann noch der Sommerhimmel, von mir ja ähnlich missgünstig betrachtet wie das bedeutschungsvolle Fahnenmeer, wolkenbedeckt. Der Tag kommt, schüchtern, melancholisch, übersommert.



Unzufrieden, genervt davon, dass ich das traurig finde, weil ich ab und an was traurig finden möchte, mir dazu berserkerhaft die Ursache suche, den Stoff, aus dem die Trauer ist. Schaue in den Himmel, im Rentnerbalkonsessel sitzend, rauchend. Also zernichtend. Bin ganz dürr, weil ich so fette. Weil dies ewig Arbeitseingesetzte auch nie verschwindet.

Naja.

Der Tag immer als Endgültiges, morgen wird alles anders, obwohl man es nächtlings doch seit Monaten, Jahren, wenn nicht (mindestens) einem Jahrzehnt besser weiß. Kleines Silberdings am Horizontallerdings: Telefon mit Lilly. Gleichwohl, küssend, umarmend durch den Äther, untröstlich, einsam wolkenbedeckt, pseudopoetische Rauchwölkchen wie diese hier aussendend.

Mittwoch, 7. Juli 2010

Di, 6.7.10 (Mi, 7.7.10, 6:36): Stille, schlaflos

Zu unmöglichen Zeiten mehrfach am Tag geschlafen, völlig aus dem Rhythmus mal wieder. Dazwischen Nach- und Korrekturarbeiten. Und Stille. Der Sommer, der sich wieder ausbrütet. Seltsamer Geruch in der Luft. Und Stille. Irgendwann mal zum Einkaufen. Uhrzeit vergessen. Weiter schlaflos, dann schlafend. Und Stille. Ungestillt schon wieder pralle Sonne jetzt vor dem Fenster. Drinnen Dämmer. Hospitalismus.

Foto: Schlaflosstätte

Dienstag, 6. Juli 2010

Mo, 5.7.10 (Di, 6.7.10, 3:36): Die Kunst der Schere im Kopf - depublished

Dies Dingsallerdings hier, das di.gi.arium, hat sich ja selbstverpflichtet zu einer gewissen Schonungslosigkeit des alles Sagens. Alle "privacy" soll per definitionem "public" werden. Indes, im so genannt wirklichen Leben lässt sich das nicht durchhalten: Für KN schrieb ich eine Konzertkritik, die hier entfernt werden musste.

Hernach folgte nämlich eine eher private Schau auf das Drumherum und meine Offtopics dazu. Wurde am 4.8. auf Wunsch der darin wenn auch nicht explizit, so doch erkennbar Genannten depublished - denn die Schilderung war "etwas zu expressionistisch". Also Schere angesetzt. Und damit ein Beispiel für Kunst, die Wirkung zeigt.

Montag, 5. Juli 2010

So, 4.7.10 (Mo, 5.7.10, 3:01): Was bleibt

Ganztags für KN bei JazzBaltica. In meine Müdig- und Schläfrigkeit scheint immer wieder Augenohrenöffnendes. Daher zum 20. Jubiläum der JazzBaltica wie folgt jubiliert (nachtstarr, tippverhindert lange):

--- snap! ---

Der Blick geht nach vorn

Der JazzBaltica-Sonntag huldigte den Großvätern wie den Enkeln des innovativen Jazz.

Salzau. Das ist nicht bloß Pfeifen im Walde, wenn Rainer Haarmann, künstlerischer Leiter und angesichts von Kürzungsplänen glühender Verteidiger der JazzBaltica, in der Salzauer Konzertscheune die Parole ausgibt: "Wir werden kämpfen bis zum Umfallen! JazzBaltica muss bleiben!". Tosender Beifall. Auf den überall kursierenden Listen haben bis Sonntagnachmittag schon rund 1.500 der insgesamt 7.500 Zuhörer für den Erhalt "ihres Festivals" unterschrieben. Kein Wunder, denn JazzBaltica zeigt auch am Jubiläumssonntag Innovationspotenziale, wie man sie in den vorherigen Jahren nicht immer angetroffen hat.

So beginnt der Sonntag auch nur scheinbar mit einem Requiem für den im Mai verstorbenen Hank Jones, der sich hier mit dem Basslyriker Dave Holland hätte wiedervereinen sollen. Einigen Druck auf die Tränendrüsen - samt einem als Reliquie auf der Bühne stehenden Glases eingemachter Pfirsiche, die Jones, wie die dazu vorgetragene Geschichte verrät, liebte - nimmt man hin, wenn hernach Dave Holland die Reunion fast im Alleingang spielt. Der selige Hank sitzt eh mit an den "Tasten" von Hollands pianistisch gezupftem Bass. Ein solches Genie ist eben unsterblich, weil es nachhaltig Maßstäbe gesetzt hat, die in seinem "Interface" genauso nachklingen wie in dem auch für die Zukunft von JazzBaltica programmatischen "We'll Be Together Again", von dem sich Jones immer gewünscht hatte, er hätte es selbst geschrieben. Mit McCoy Tyner, dem Sinfoniker des Bebop, sitzt für einen Kurzauftritt einer an den Tasten, der Jones ebenbürtig ist. Wundervoll einverstanden, aber einander auch kreativ belauernd gelingt Holland und Tyner eine Hank-Hommage, die den Blick zurück nach vorn richtet.

Ebenso kein Grund für Sentimentalitäten besteht, wenn das Trio Benny Green (p.), Martin Wind (b.) und Matt Wilson (dr.) sich mit den Saxofonisten Marcus Strickland und Chris Potter verbindet und Winds "The Last Waltz" so swingend und gleichzeitig "mellow" darbietet, dass man erkennt, warum Blues und Bop zwei Seiten einer ewig innovativen Medaille sind. Wo Green sich schon mal virtuos bis wütend exaltiert, wo ihm die Saxofone es wild-lüstern gleich tun, holen die Rhythmiker Wind und Wilson die Höhenflüge auf den Boden zurück, ohne ihnen die Flügel zu stutzen.

Letztere kultivieren der Vibrafonist und JazzBaltica-Recke Joe Locke und der junge Harfenist Edmar Castaneda. Der Augenschein bestätigt, was das Ohr nicht glauben mag: Castaneda hat tatsächlich nur zehn Finger. Nur wie macht er das, dass seine Harfe wie eine ganze Combo klingt - perkussiv, pianistisch, gitarrisiert und dazu noch mit sattem Bass-Continuo? Wahrscheinlich ist das einer dieser legendären JazzBaltica-Momente, von denen man noch nach Jahren sagen wird: "Ich war dabei!" Dabei, wie Locke die Schlägel sinken lässt, um dem Alleinunterhalter Castaneda das Feld zu überlassen, auf dem er zwischen simpler Samba und stupender Saitenartistik wie ein Berserker pflügt.

Man hat die Liste unterschrieben, den unglaublichen Castaneda noch im Ohr, da gewärtigt man in der kleinen Scheune gleich den nächsten Blick in die Zukunft des Jazz wie der JazzBaltica. "Das Entscheidende sind die Noten, die man nicht spielt", orakelt der Schlagzeuger Wolfgang Haffner und setzt dies mit Pianist Hubert Nuss und Bassist Lars Danielsson in die Tat seiner "Round Silence" um. Die Kunst des Weglassens installiert in magischen Leitmotiv-Loops von Klavier und Bass und den ebenso sparsamen wie punktgenau rhythmischen und klangfarbigen Beats Haffners eine Stille, die laut ist, weil sie etwas Großes verlautet. Mr. JazzBaltica Nils Landgren ergänzt diese fragilen Vexierspiele gewohnt funky. Und schon wieder ist das einer dieser JazzBaltica-Gigs, von denen man noch den Enkeln vorschwärmen wird.

Die spielen währenddessen in der großen Scheune. Artist in Residence Michael Wollny hat sich zu seinem eigensinnigen Piano die Cembalo-Begleitung der Israelin Tamar Halperin in seine "Wunderkammer" geholt. Was da abgeht, ist mit Toccaten-Kunst, Generalbass-Perkussion als Brückenschlag zwischen Jazz und Barock und minimalistischer Projektion des Modern Jazz in die Hyperpostmoderne nur unvollständig beschrieben. Ebendrum müssen wir wiederkommen und wiederhören können - nächstes Jahr zur JazzBaltica in Salzau.

--- snap! ---

Mit abeh da, mit abeh hin und rückgefahren. Mit abeh Mittag gegessen, etwa gekochte Kartoffeln mit Vinaigrette. Mit Lilly funklöchrig telefoniert. Abi-Ball. Einlass mein Ausweis und Anlass. Abends zum See. Baden. Das Wasser kühlend und doch fast zu warm an meiner Haut, mich atemlos machend. Hecheln, Pfeifen des Access-Asthmas. Später beruhigt, leichtes Gleiten entlang des Schilfes, das bekanntlich auf der Rückseite des Mondes nicht wächst. Wenig getrocknet in die Kleider, Rückmarsch, noch jappsend. Angekommen Bratwurst und schon wieder Fluppe. Dann der Rest des Jazz, Cembalo. An Bach gedacht.

Sa, 3.7.10 (Mo, 5.7.10, 2:36): It's a long way to Tipperary

Wache auf ob des vierten Zu-Null-Jubelrufs und -getrötes im Hinterhof.

Nochmal den Pyrrhus-Sieg nachgeschaut. Das Opium im Volk, noch in mir, wenn auch kunstmonstrig anderweitiger Herkunft. Den Klavki-Cup verschlafen schieße ich keine Tore, ich bin der Ball, der ins Tor geht. Ich war der Pfosten, die Latte.

Hitzever[r/z]ückung. In all dem Taumel der Schmerz. An Heiner Müller gedacht: "Es ist nicht, wie es bleibt." Und an ein Zitat, das sich mit meiner brüchigen Stimme auf der Sprach-Memo-App des iPhones findet. Offenbar irgendwann nachts besinnungslos reingesprochen.

Lautet wie folgt: "Die Denkfabrik denkt, dass der Gedanke, den sie dachte, erst in dem Moment erdacht wird, in dem sie ihn denkt."

Samstag, 3. Juli 2010

Fr, 2.7.10 (Sa, 3.7.10, 4:01): tropen.nacht.tv

nachtlametta bildverschirmt
in mondäner dünung
schüchteren geräuschrauschs
und umnacktung

der ebendiesige dialekt
unzüchtigen verzichts
täglich übernächtigt
auffällig anstandslos hingefallen

Freitag, 2. Juli 2010

Do, 1.7.10 (Fr, 2.7.10, 3:06): Faustrecke

Dreharbeiten mit Zimmerkai am Kai, Faustreck-Material für seine Zimmerrevolution. Ich mime den Faustrecken und spreche in die Kamera "Genosse, Faust reck!" und "Genosse, erwache!". Ton spielt keine Rolle, nur die Lippenbewegungen. Und die Arbeiterfaust. Wir drehen erst vor einer Betonwand am Kai, dann aber noch Hintergrund mit stählernerer Anmutung gefunden, benachbarte an Land liegende Schiffsschraube, mehr Tiefe im Hintergrund. Sieht dann so aus:



oder so:



Soll angelehnt sein an die gereckte Faust in Eisensteins "Stachka / Streik", die ich aber in meiner DVD-Aufnahme nicht finde, jedenfalls nicht beim mal eben Durchscannen. Stattdessen Arbeiter in Aufruhr, Hände und überhaupt Eisensteins geniale expressionistische Bilder.



Weiter nach Faustreckbildern bei Google gesucht und dies gefunden: Bronzene Arbeiterfaust zwischen Mönkeberg und Kitzeberg. Gleich als Link ans ZK gesandt, kann man ja vielleicht auch noch einbauen.

Und dann natürlich gereckt posierende Genossinnen wie diese:



Ergo faustisch in die Nacht geboxt. Vorher: Döner gegessen, aus der türkischen Volksküche am Hans-Söhnker-Eck, meinem alten Viertel, damals, als ich noch im Puppenkamp wohnte und darüber wie folgt schrieb (und das jetzt alles memoriere):

02.04.23.04:13:13: sky.rätsel.magazin.1: diese kleinen geschichtchen, unbemerkte, nur dem ersichtlich, der genügend augen.schwärze dafür hat: wenn ich samstags nach dem lisa.sky noch im tabak.getränke.presse.laden diesing am hans.söhnker.eck vorbeischaue, wo sich die zerstörten vom platz so versorgen wie ich, reicht mir bitte.je.einmal american.spirit.tabak, gizeh.fein.filter und blättchen von marie die etwas prollige vertretung von herrn.diesing über den tresen. sie wippt in fersen.freien buffalos über das verschossene linoleum und hat jetzt, wo es frühling wird, so'n shorty überm nabel, damit man sehen kann, dass der mit einer weißen perle gepierct ist. ich sehe das natürlich. und sie sieht, dass ich das sehe, lächelt irgendwie vielsagend und wünscht ein "super.schönes wochenende".

01.09.04.23:47:10: protokoll 2.1: ich bin gelenkig und geduldig und rufe die gerade in urlaub befindliche akku.punk.tur.hotline an, um mich gegen den rausch stechen zu lassen. mickey.mouse.mücke. ich bin augs.burger puppen.kiste. am kamp sehnen sich die mädchen nicht nach mir. alkoholismus.brothers.and.sisters drehen am hans.söhnker.eck die runden, die ich nicht mehr schaffen darf. nochmal zum kurden, um dem seine landschaften aus lamm.fleisch abzukaufen. mit viel soße bitte.

Ungemein faustisch schon damals ;-)

Reck damit!

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