Sonntag, 15. April 2007

Hier kommt „Flock’n’Roll“!

Die Flowerpornoes kamen nach elf Jahren zurück in die Hansastraße 48.

Kiel – Die OP-Anzüge, in denen die Flowerpornoes eigentlich auftreten wollten, sind auf dem Postweg zur „Beflockung“ leider verschütt’ gegangen, Keyboarderin Birgit Quentmeier ist zum Start der Reunion-Tour nach elf Jahren in der Hansastraße 48 leider verhindert und auch die neue CD hat Tom Liwa leider vergessen mitzubringen.

Egal, „Hier kommt Rock’n’Roll“ – auch mit Stuhl statt Bernsteinkette an Liwas Hals, mit „nur“ Markus Steinbach am die Riff-Verlockungen sicher umschiffenden Bass und Stefan Küpper auf Drums, die auf Drive verzichten können, weil sie ihn haben. Und „mit ohne“ CDs, denn auf sowas wie Pop-Bizz und Promo haben die Flowerpornoes eh immer ihr eigenes Lied gepfiffen. Rock’n’Roll? Vielleicht eher „Flock’n’Roll“, welches Wortspiel in der intim besuchten Hansastraße die Runde macht und treffsicher wie Liwas Verse („Wir hatten Glück in der Liebe und Spiel im Pech“) das beschreibt, was er Anfang der 90er neu erfand und was geschätzte drei Generationen von nachfolgenden Bands als Duisburger Ur-Meter geeicht hat: Rock’n’Roll mit dem Bohème-Faktor Poesie, die Selbstinszenierung gegen sich selbst im Text – mit psychoanalytischer Präzision.

Von Liwas Solo-Auftritten ist man dieses doppelbödige Spiel mit dem Spiel von „Jungs mit Ego-Problemen“, das Rock’n’Roll ja immer auch ist, gewohnt. Mancher meinte, den zwischen den Songs Heilwasser (wohlgemerkt: nicht Weihwasser) trinkenden Liwa in die Esoterik abdriften zu sehen. Gleichwohl, Liwas Geheimbund war immer der mit dem Text, der so paradoxe Fragen stellt wie „Ist es die Erdkraft, die mich nach oben treibt, oder zieht mich die Sonne zum Licht?“ Anziehungs- und Abstoßungskräfte, Liebe, Leben, Dichten – von Glaube, Liebe, Hoffnung nicht zu schweigen – versus deren Einsamkeit auf dem deutschsprachigen Rock’n’Roll-Olymp. Dabei sich so schratig zu inszenieren wie Liwa, der sich in der „doom-mäßig langsamen“ Zugabe wie in einer Persiflage des finalen Gitarren Zerdepperns mit selbiger am Boden wälzt und sich mit seinen Trio-Partnern eine Sofakissenschlacht liefert, darf man als das selbe poetische Programm lesen, mit dem die Flowerpornoes-Reunion-CD titelt: „Wie oft musst du vor die Wand laufen, bis der Himmel sich auftut?“

Wo Bob Dylan, dem Liwa nicht unverwandt ist, vorsichtig „on Heaven’s Door knockte“, gehen die Flowerpornoes mit dem Kopf durch die Wand ins Himmelreich ein. Auch musikalisch: Melodiös ohrwürmig-poppige Nummern wie „Österreich“ osmotisieren durch ihre Zellwand ebenso ins Balladenhafte wie in punkige Gitarrenrückkopplungsorgien. Eine Blut-Hirn-Schranke gibt es nicht. Mitten im zuweilen intellektuell verdröselten Wortgemetze pumpt das lebendige Herz. Liwa singt: „Manchmal wünsch’ ich mir, ich hätt’ ein Herz aus Stein. Ich versuch’s, aber es ist völlig unmöglich der Liebe zu entkommen.“ Yeah! That’s „Flock’n’Roll“!

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