Mittwoch, 28. April 2010

Di, 27.4.10 (Mi, 28.4.10, 4:31): Wundern statt Wissen

Erst eben entdeckt, wie sich Themen über zehn Jahre spannen. Nämlich im di.gi.2000 steht heutzutage: "sozusagen unbeteiligt [...] das nur noch und damit erst wirklich als WUNDER begreifen."

Sich Wundern als Modus. Statt Wissen. Im Luna liest Jürgen Teipel aus "Ich weiß nicht". Da erstmal nur auftragsgemäß und wie üblich unlustig hin. Dann angefixt von diesem Modus, den ich wie folgt beschrieb:

--- snip! ---

Offenheit statt Bescheidwissen

Jürgen Teipel las im Luna aus seinem Roman "Ich weiß nicht".

Kiel - "Auf der einen Seite war ich einfach nur total gespannt, was es alles zu entdecken gibt. Auf der anderen Seite fühlte ich mich, als ob es in Wahrheit überhaupt nichts zu entdecken gibt ... Als ob alles zwar nicht dasselbe ist. Aber doch irgendwie bekannt. So ein: 'Ja, ich gehöre hierher ... es ist irgendwie alles in Ordnung.'" Jürgen Teipels Ich-Erzähler in seinem neuen Roman "Ich weiß nicht" könnte man als naiv bezeichnen. Teipel charakterisiert ihn lieber so: "Er ist offen, er ist keiner dieser Alles- und Bescheidwisser."

Gespannt war man auf Teipels ersten Roman nach der gefeierten Pop-Studie "Verschwende deine Jugend". Doch was er nach sechs Jahren Arbeit in "immer dünner werdenden Fassungen" als Road-Movie einer Handvoll Techno-DJs durch Mexiko ablieferte, scheidet nun die Kritiker. Mancher Kollege aus dem Pop-Universum frage: "Was ist das für'n Schwachsinn?", im Feuilleton hingegen finde das Buch freundlicheres Echo. Zu Teipels Lesung im Luna kommen indes nur fünf zahlende Gäste - womöglich weil es zu viele Bescheidwisser in der Generation Pop gibt, die in Teipels Roman "die Negativität" vermissen. Aber einen Post-Pop- oder Punk-Roman wollte er ganz bewusst nicht schreiben. "Das lag zwar nach 'Verschwende deine Jugend' nahe, aber darauf möchte ich nicht festgenagelt werden." Das Lebensgefühl einer offenen Weltzugewandheit, eines Staunens über die Wunder des Normalen, einer ekstatisch-meditativen Wahrnehmung, die als Droge den Peyote-Kaktus allenfalls als Verstärker braucht, ansonsten reicht die bare Wirklichkeit, fand Teipel in seinen Interviews mit Techno-DJs. Sie berichteten ihm von Erfahrungen, die Welt als ganzes Gutes zu sehen, wo "irgendwie alles in Ordnung ist". Dies fand Teipel buchenswerter als verschnörkelt intellektuelle Nihilismen und Weltverbesserungsschmerze.

Der Autor hat nach eigenem Bekunden mit dem neuen Buch "einen Riesenschritt" getan - weg aus den Pop-Punk-Zusammenhängen mit ihrer ideologischen Verhärtung hin zu etwas, das man als neues Hippie-Bewusstsein bezeichnen könnte. Wenn man denn wollte, denn auch das wäre zu viel des erneuten Bescheidwissens. Teipel und seine Figuren dagegen wollen nicht wissen, sondern einfach nur erleben, erfahren, fühlen, was die Welt ist und im Innersten wie an der Oberfläche zusammenhält.

"Ich wollte ein ganz freundliches Buch schreiben", sagt Teipel. Und genauso kommt es rüber, wenn er den O-Ton aus den DJ-Interviews, die er zur Recherche geführt hat, vom Klang her eins zu eins ins Buch übernimmt. In den Zeilen wirkt das oft unfreiwillig komisch, zwischen ihnen spürt man aber genau das sprachlose Staunen an der wunderbaren Welt, das Teipel zeigen wollte. Der Balanceakt zwischen "Sprache, die immer gleich alles zementiert und vorgibt zu wissen", und jenem bewusst Ungewussten, weil Erlebten gelingt ihm dabei auf geradezu magische Weise - auch oder vielleicht gerade vor nur wenigen Zuhörern.

Ein Ausschnitt aus der Lesung ist vom 24.5. bis 6.6. am Literaturtelefon Kiel unter 0431/901-1156 und auf www.literaturtelefon-online.de zu hören.

--- snap! ---

(Prolegomenon a posteriori: Das Un[g/b]ewusste ist das Wunder[n].) ((Verschwinde (überwinde) deine Wunder!))

Mo, 26.4.10 (Mi, 28.4.10, 4:12): seit geraumer Zeit

Ja, schon klar, die Vorsätze greifen nicht. Hier wird nach wie vor, im Davor, das immer schon das Danach ist, hintergeschrieben, verspätet in der alltäglich wachsenden Verfrühung.

Die Tage und Nächte ohne Lillys Gegenwart (abgesehen von telefonischer und skypender) gleichen sich im Kontinuum der selbst nicht Gegenwärtigkeit. Die Verschiebungen nicht nur der Arbeitszeiten, im ganzen Sein. Das beständig voreilende Nachhinken. Draußen im Wetter, das schwefelgelb abendlich frühlinkt, als echote es herbstlich. Und von weit, wissen wir ja weiter, schweigt, nein wispert der Sommer vom Winter.

Noch auf die Schnelle Notersatz zur Verfertigung eines KN-Vorberichts über Piet Klockes neues Programm. Dazu im Netz recherchiert und den knallfröschigen Satz gefunden: "Raum und Zeit existieren seit geraumer Zeit."

Ungefähr so schon vor Mitternacht auf die alliterierend zerreimte Matratze.

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